Während es Honigbienen beim Imker vergleichsweise gut geht, fehlt es den Wildbienen vielerorts an Nistplätzen. Der Einfluss des Menschen auf die Natur spielt dabei eine große Rolle. Dennoch wollen sich viele Bienenfreunde für die Bestäuber einsetzen und Nistplätze schaffen. Wir verraten dir, wie du eine artgerechte Nisthilfe schaffst – ohne den Insekten zu schaden.
Ein Blick in die Natur zeigt uns, wo Wildbienen normalerweise nisten: Von Käfern durchbohrtes Totholz, abgestorbene Pflanzenstängel, offene Sandflächen, Abbruchkanten von Lehmböschungen. Der Eingriff des Menschen in die Natur hat vielen Wildbienen den natürlichen Lebensraum genommen – statt Totholz und Wildblumenwiesen finden die Bestäuber vielerorts versiegelte Flächen, Monokulturen in der Landwirtschaft und Steingärten in unseren Städten vor.
„Langsam realisiert der Mensch das große Artensterben als Folge seiner Eingriffe. Also beginnt er mit der Aufstellung von Nistkästen, um das Zerstörte wieder Herzurichten“, sagt Stefan Brenzinger. Der gelernte Tischler und Bauingenieur ist seit 2018 nebenberuflich im Rahmen der AKTIONGRUEN für Wildbienen im Einsatz. Nachgebaute Nist- und Rückzugsorte für Wildbienen könnten niemals die freie Natur ersetzen. „Es ist wichtig, die wenigen Naturreservate und natürlichen Strukturen in unserer Welt zu schützen, statt sie zu zerstören und neu aufzubauen“, betont Brenzinger. Am liebsten wäre es ihm, wenn es genügend natürliche Nistplätze gäbe, sodass seine Arbeit Nisthilfen zu bauen ‚überflüssig‘ wäre.
Wie schafft man Nistplätze für Wildbienen?
Wenn Bienenfreunde trotzdem tätig werden wollen und einen Nistplatz im Garten oder Balkon schaffen wollen, gilt es ein paar Sachen zu beachten. „Die einzigen Strukturen in einem Wildbienenhotel, die nachweislich Erfolg versprechen, sind angebohrtes Hartholz und hohle Pflanzenstängel“, erklärt Brenzinger. Um einen (möglichst) artgerechten Nistplatz zu schaffen, sollte zunächst ein passender Standort gefunden werden. „Die Wärme im Frühjahr und Sommer ist ausschlaggebend für die richtige Entwicklung der Larven und das Schlupfverhalten der Wildbienen“, erklärt Brenzinger. Ein halbschattiger bis sonniger Standort mit einer Süd- oder Südost-Ausrichtung ist ideal. Zudem muss der Nistplatz möglichst trocken sein, da Feuchtigkeit zu Schimmel oder Pilzbildung führen kann.
„In der Natur gibt es zwar auch kein Dach über der Niströhre, aber die Überlebensrate kann und sollte durch Trockenheit erhöht werden“, betont Brenzinger. Egal ob selbst gebaut oder aus dem Handel – Nahrung ist die Grundlage für das Leben. „Deshalb sollte in der Nähe ein ganzjähriges Blütenangebot mit heimischen, regionalen Pflanzen geschaffen werden“, ergänzt er. Angst haben müsse man vor den Wildbienen im Garten oder auf dem Balkon auf jeden Fall nicht. „Wildbienen sind friedliche Tiere. Im Unterschied zu völkerbildenden Honigbienen oder Wespen, die ihr Volk beschützen, konzentrieren sich solitär lebende Bestäuber lediglich auf die Beschaffung von Pollen“, erklärt Brenzinger.
Künstliche Wildbienen- und Insektenhotels aus Baumarkt oder Discounter sieht Brenzinger kritisch. „Manch ein Hersteller wirbt mit Fächern für Ohrenkneifer. Diese sind Allesfresser und bedienen sich gerne am gerade gesammelten Pollen oder sogar an den Eiern der Wildbienen“, so Brenzinger. Auch andere Fressfeinde wie Springspinnen können sich in den Hohlräumen verstecken, um die anfliegenden Wildbienen zu schnappen. „Man tut der Biene nichts Gutes, wenn man so ein fertiges Hotel aufstellt“, betont der Bienenfreund. Zumal die meisten Wildbienen, die diese Hotels besuchen, oft eher die häufigen Arten seien. „Die Niströhren dieser Modelle sind oft sehr dünn und nicht so tief. Betrachtet man die Biologie der Tiere, legt eine Wildbiene eigentlich mehr Eier, als in so eine Röhre passen“, so Brenzinger.
Um den Konkurrenztrieb der Männchen aufrechtzuerhalten, legt die Wildbiene immer mehr männliche als weibliche Eier. „Wenn es nur noch diese schmalen Nistplätze der Wildbienenhotels geben würde, würde diese Art veröden“, warnt er. „Noch haben wir zahlreiche Wildbienenarten in Deutschland“, erzählt Brenzinger. Jetzt sei es aber wichtig, sie zu unterstützen. „Wir wollen ja nicht erst etwas tun, wenn es zu spät ist“, betont er.
Artikel: Elisa Kautzky