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Neue Studie: Wildbienen selbst Jahre nach Neonicotinoide-Verbot weiter bedroht

In einer alarmierenden Studie haben Forschende beachtliche Pestizidrückstände im von Hummeln gesammelten Pollen gefunden. Und das, obwohl die Pestizide an diesen Standorten seit Jahren nicht mehr ausgebracht wurden. Die Studie stellt die bisherige Form der Risikobewertung durch Honigbienenpollen völlig in Frage und zeigt, dass insbesondere Neonicotinoide viel länger auf die Insektenvielfalt wirken als bisher angenommen.   

Traktor
Bild: Kurt Bouda auf Pixabay

Die Untersuchung erstreckte sich auf den Pollen, den Honigbienen und Hummeln an zwölf Standorten mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen in Irland gesammelt haben. Die Ergebnisse werfen ernsthafte Bedenken hinsichtlich der potenziellen langfristigen Exposition von Bienenarten gegenüber verschiedenen Pestiziden auf und stellen die Annahme in Frage, dass Honigbienen als alleinige Referenz für die Risikobewertung von Pestiziden für alle Bienenarten ausreichen. Die Studie wurde im Oktober 2023 veröffentlicht. 


Die Forschenden fanden im Hummelpollen hauptsächlich Neonicotinoide, eine Gruppe von hochwirksamen Insektiziden. Es handelt sich um sogenannte selektive Nervengifte, die auf die Nervenzellen von Insekten weit stärker als auf die Nerven von Wirbeltieren wirken. Ihre Wirkung entfaltet sich bereits in geringsten Mengen bei Insekten. Es ist bekannt, dass sich die Gifte auswaschen und in Böden anreichern können. Aufgrund der möglichen negativen Auswirkungen auf Bienen wurde der Einsatz einer ganzen Reihe dieser Wirkstoffe in der EU und der Schweiz weitgehend verboten.

Die Studie ergab, dass die meisten nachgewiesenen Pestizide nicht erst kürzlich auf den beprobten Feldern ausgebracht worden waren. Dies deutet darauf hin, dass einige Chemikalien möglicherweise sehr lange im Boden verweilen. Von dort gelangen sie in den Pollen von Pflanzen. Erwartungsgemäß war der gesammelte Pollen der Honigbienen vor allem mit Fungiziden kontaminiert. Im Gegensatz dazu war der Pollen der Hummeln hauptsächlich durch Neonicotinoid-Insektizide belastet. Besonders besorgniserregend ist, dass alle fünf untersuchten Neonicotinoide im Hummelpollen gefunden wurden, obwohl sie auf den beprobten Feldern seit mindestens drei Jahren nicht mehr verwendet wurden.

Risikobewertung: Honigbiene vs. Hummel

Die Ergebnisse wecken nicht nur Bedenken hinsichtlich der möglichen weit verbreiteten Exposition gegenüber verschiedenen Pestiziden, sondern betonen auch die Unterschiede in der Art und Anzahl der Pestizide, denen verschiedene Bienenarten ausgesetzt sind. Elena Zioga vom Trinity College Dublin betonte, dass die Verwendung von Honigbienen als alleinige Referenz für die Exposition gegenüber Pestiziden kein vollständiges Bild liefert. Hummeln, ebenso wichtig für die Bestäubungsleistung und die Unterstützung gesunder Ökosysteme, können unterschiedlichen Chemikalien ausgesetzt sein als Honigbienen.

Abbildung Studie
Abbildung aus der Studie "Honey bees and bumble bees may be exposed to pesticides differently when foraging on agricultural areas" von Elena Ziog, Blánaid White und Jane C. Stout

Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass hochgiftige Neonicotinoide im Pollen der Hummeln und nicht in den Pollen von Nutzpflanzen nachgewiesen wurden. Dies lässt vermuten, dass diese gefährlichen Pestizide entweder lange Zeit an den Feldrändern verbleiben, wo Wildblumen wachsen, oder dass Bienen außerhalb der beprobten Felder mit kontaminiertem Pollen in Kontakt kommen. Die Studie weist auch darauf hin, dass der Nachweis von Neonicotinoiden zunimmt, wenn die Anzahl der Wildpflanzen im Hummelpollen steigt. Ein Aspekt, der weiterer, eingehender Untersuchungen bedarf.

Ergebnisse von Pestizid-Tests an Honigbienen können nicht länger einfach auf Wildbienenarten übertragen werden. Die gängige Risikobewertung von Pestiziden scheint offensichtlich der Vielfalt der Bienenarten und auch der längerfristigen Wirkungen nicht gerecht zu werden. Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse der Studie die dringende Notwendigkeit, die Auswirkungen von Pestiziden auf verschiedene Bienenarten genauer zu untersuchen.

Quelle: ScienceDirect. Die Studie ist frei zugänglich bei Open Access.